Velo parkt mit Gleisanschluss

Verkehrssignale in verkehrsberuhigter Zone

Dieser Artikel richtet sich an Interessierte, Semiotiker und Gestalter, welche sich mit der Beschilderung von Kernzonen und Signalisation von Gemischtzonen Velo- / Fussverkehr befassen. Idee: Mit der laufenden Revision der Verkehrsordnung sollte die Signalisation nicht nur auf Autonutzung ausgelegt werden, sondern spezifischer auf die Situation abgestimmt und im Sinne eines nachhaltigen Verkehrsregimes.

Mit einem neuen Verkehrsregime in Kernzonen ist beispielsweise die einspurige Strasse das Thema, die Einbahnstrasse, Tempo 30 an Durchgangsstrassen, Tempo 20 in Quartiersstrassen oder im Schrittempo zu fahrende Strasse in Begegnungszonen, die Strasse mit Sperrzeiten oder Nachtfahrverbot, Umwelt-, Fussgängerzone, die weisse, blaue Zone oder solche mit grundsätzlichem Parkverbot. Wie signalisieren, wenn noch zahlreiche Ausnahmeregelungen dazu kommen? Die für die Signalisation zuständige Behörde scheint diese Aufgabe nicht adäquat lösen zu können. Auch das Vereinen von Piktorgrammen zu einem Signal der Begegnungszone mag nicht überzeugen. Siehe Beispiele oben aus Basel, Bern und Locarno. Ein mit der üblichen Klaviatur zusammengesetzte Botschaft an Motorisierte in Fussgängerzonen ist im Grundsatz zu hinterfragen.

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Einbahn und Sperrzeit – was jetzt? Schildermonster stiften mehr Verwirrung als Ordnung.

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Absurde Schildermonster in der verkehrsberuhigten Zone

Mit der Anpassungen der Verkehrsinfrastruktur in Kernzonen müsste auch das Design der Verkehrssignalisation rigoros angepasst werden. VELOP.CH schlägt einen Paradigmawechsel für die Beschilderung in Kernzonen vor die nicht mehr auf das Schnellerfassen bei Tempo-50 ausgelegt ist. Auch die Praxis, für Ausnahmeregelungen bei nicht normierten Platzverhältnissen, temporäre Nutzung etc. Zusatztafeln anzubringen, führt zunehmend zu Unlesbarkeit. Die Zunahme der Regelverstösse stellt wiederum für die Vollzugsbehörden ein unbefriedigenden Zustand dar. Dem soll mit einer stadtgerechten, in der Aussage skalierbaren und gut lesbaren Signalisation abgeholfen werden.

Wir schlagen einen Paradigmawechsel für die Beschilderung in Kernzonen vor: Die Tafel muss nicht mehr auf das Schnellerfassen auf einer Tempo-50-Strasse ausgelegt sein. Denkbar wird damit auch der Einsatz eines QT-Codes für Fremdsprachige oder interagieren mit smarten Autos.

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Kacheln statt Schilder: Der Behörde wird mit geeigneten Mittel geholfen in verkehrsberuhigter Zone adäquat zu signalisieren.

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Die Signalisation von Transitachsen und Quartierstrassen ist zwar von den zuständigen Ämtern angepasst, sollte aber auch vom Bund grundsätzlich besser untersucht und als Empfehlung ausgegeben werden. Das Tempoprimat könnte dazu eine tragende Rolle spielen. Ein Versuch, einzuordnen:

50 km/h Transit Langer Bremsweg, Signale gross für Fernsicht, über Autodächer hinweg sichtbar. Ausnahmeregeln gestaffelt angezeigt. Z.B. Spital, Schule, Sperrzeiten.

30 km/h Innerorts Signale am Strassenrand.

20 km/h Begegnungszone Signale am Boden ausreichend, Signale mit Ausnahmeregelungen z.B. in Form von Kacheln auf Augenhöhe.

Wie ist Ihre Meinung? Wir freuen uns auf Ihre Kontaktnahme auf info@velop.ch.

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Verordnung zum Schieben und Hausverbot – was tun?

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Die Behörden bändigen Eilige mit Schwellen, fordern das Velos zu Schieben. Bestraft werden gemütliche Velofahrer, Cargobikes und Velos mit Anhängern. Das muss nicht sein, wie hier skizziert wird: Ein smartes Warnlicht oder  Klangkulisse quittiert Geschwindigkeitsübertretungen und macht gemischte Zonen sicher.

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Idee 1: Smiley an der Solitüden-Promenade

Mit Smileys und Blitzgewitter (FB-Movie) gegen unpassenden Fahrstil.
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Idee 2: Warnlicht statt Schwelle in der Velostation

Links: Die Schwelle zur Mässigung des Fahrstils bestraft auch gemütliche Velofahrer und gefährdet Kinder im Veloanhänger. Rechts: Bei Tempoüberschreitung wird rote Drehleuchte aktiv.
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Idee 3: Megaphon am Centralbahnplatz

Sensortechnik prüft Geschwindigkeit und begleitet stressige Velofahrer mit Kraftausdrücken aus dem Megaphon.
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© Text und Bild: VELOP.CH, 1.6.2019
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Aus Behördensicht

Das Thema Verkehrssignalisation ist komplex. Das bekannte Regime wird kaum ernsthaft hinterfragt, selbst Interessierte bereitet es Mühe, der Argumentation für einen Paradigmawechsel zu folgen. Immerhin halten die für die Signalisation zuständigen Behörden inzwischen dagegen, die Schildermonster weiter zu füttern, wie folgende Anektote zeigt: Der Vorstand eines Quartiervereins hat die Empörung einzelner Bewohner zum Anlass genommen und sich den Themenschwerpunkt gesetzt, Velofahrende in der Fussgängerzone zu mehr Rücksichtnahme und zum Fahrradschieben zu zwingen. Als Massnahme nennt der Verein grössere Gebotsschilder, Markierung des Veloweges auf dem Boden aufgemalt und Kampagnenarbeit (Aufstellen von Plakaten und verteilen von Flyern sowie Medienarbeit).

Die Kantonspolizei hält eine solche Initiative für nicht zielführend. Die Beschilderung müsste ja zwingend auch dort angebracht werden, wo Verbotsschilder fehlen. Wörtlich schreibt die Kantonspolizei: Dort würde noch mehr gefahren werden mit dem Argument «hier hat es ja kein Verbotsschild so wie anderswo, somit dachte ich, ich darf hier fahren».

Der Schilderwald scheint auch für die Polizei keine adäquate Lösung darzustellen. Trotzdem gilt es, die scheinbar unüberwindbaren Interessenkonflikte wie auch den kleinen Moment der Schreckhaftigkeit ernst zu nehmen.

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Anregung: Baustellensignalisation

An Baustellen bei knappen Raumverhältnissen empfiehlt sich das Konzept der Tempolimite zu überarbeiten. Dort wo sich LKW, Auto und Velo den Strassenraum teilen [A], sollte aus Verkehrssicherheitsgründen Tempo 60 km/h ausgeschlossen sein. Wo Signale auf Velogefahren aufmerksam machen, empfiehlt sich Tempo <50 km/h. Veloverbände pochen bis heute vergebens auf das Signal Veloüberholverbot, womit sich Verkehrsunfälle bei Kreisel- und Baustellenverkehr zusätzlich reduzieren liessen [B]. Zudem sind bei engen Raumverhältnissen statt der Schilder mit scharfen Metallkanten, oft auf Kopfhöhe (!), Plastikpanelen vorzuziehen. Letztere können auf der Trottoirkante statt auf den Velostreifen [C] abgestellt werden, ohne dabei die Fussgänger zu beeinträchtigen. Da die zuständigen Behörden bei der Signalisation von Baustellen- und Kreiselverkehr bisher untätig waren, muss jetzt beim schweizweit darauf gepocht werden.

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Nach Merkblatt der Polizei markierte Baustelle (oben).
Erst nach Protest durch Pro Velo wird korrigiert (unten).
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Wer ist zuständig für die Baustellensignalisation?

Die Kurzrecherche ergibt: Die Kantonspolizei respektive das Amt für Signalisation erstellt für Baufirmen Empfehlungen zur Baustellensignalisation. Siehe:
https://www.ecosia.org/search?tt=mzl&q=Baustellensignalisation

Die Bündner Polizei beispielsweise untersagt Signale/Abschrankungen auf Trottoirs, [Zitat] wenn die Durchgangsbreite [auf dem Trottoir] weniger als 1.20 m beträgt. Hier sind andere Signalvarianten zu wählen. [Zitat Ende].

Bilanz: Solange die Polizei nicht klar kommuniziert, was mit 'andere Signalvarianten' gemeint ist, werden die Baufirmen ihre Baustellensignalisation weiterhin auf der Velospur plazieren. Das Velo, die Norm für die Velospur/Velosicherheit ist bei der Baustellensignalisation kein Wort wert.

Da die zuständigen Behörden bei der Signalisation von Baustellenverkehr bisher untätig waren, muss jetzt beim schweizweit darauf gepocht werden. Möglich wären z.B. die Empfehlung von Plastikpanelen, welche Fussgänger kaum beeinträchtigen. Das Allerwichtigste für die Velosicherheit scheint mir aber die Einführung des Veloüberholverbots, wie es in anderen Ländern bereits vor Strassenverengungen zu sehen ist.

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Weiterführende Informationen
Anzug temporäre Massnahmen bei Baustellen parlament.bs.ch am 28.6.2023
Velowegseisungen mobilitaet.bs.ch
Entflechtung in der Soliüde, UVEK-Bericht grosserrat.bs.ch (PDF) am 1.11.2022
Velogesetz nimmt weitere Hürden velojournal.ch am 25.9.2021
VSS-Norm «Signalisation Langsamverkehr» auf schweizmobil.org
Signalisationsverordnung auf admin.ch
Das Velo bekommt ein eigenes Gesetz in der bzbasel.ch vom 17.10.2019
Das Stehenbleiben an roten Ampeln nervt. Flo hilft! reset.org
Schilderwald tüchtig gelichtet im tagesanzeiger.ch vom 28.12.2018
Seniorenampel in Singapur bleibt länger grün srf.ch 11.9.2019
Radarfalle gegen rasende Velofahrer 20min.ch 19.3.2004
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Artikel zu Begegnungszone
Markierung 20km/h beim Bullingerplatz in Zürich bikeable.ch am 21.7.2022
VBZ wollen Geld für Tempo30 tagesanzeiger.ch vom 9.10.2021
Weniger Parkplätze und Tempo 20 badenertagblatt.ch am 30.8.2020
Stellungnahme zum Bundesgesetz über Velowege fussverkehr.ch am 1.8.2020
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Ausnahmeregelungen mit Zeichen auf der Strasse

Pfeil signalisiert erlaubte Trottoirüberfahren für Kurzparker (Apotheke, Postschalter etc.) Solche Pfeile gibt es für Velo-Kurzparker nicht, wären aber ein Beitrag, mögliche Konflikte zwischen Fussgänger und Velo auf dem Trottoir zu minimieren.
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Höhrere Aufmerksamkeit mit Fussgängerstreifen vor dem Bürgerhospital in Frankfurth am Main.
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Gut sichtbar signalisiert, gesehen in Winter Cycling in Oulu Finland (youtube), Finnland von Not Just Bikes
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Beispiele intelligenter Verkehrssignale: Countdown bei Baustellenverkehr, Smiley zur Verkehrsberuhigung, Blinker bei Strassenleitpfosten bei Wildwechsel.

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Die pauschale Warnung galt gestern (Bild 3). heute warnt die elektronisch gesteuerte Lampe, wenn ein Auto die Garagenausfahrt passiert.
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Geschrieben von VELOP.CH am Freitag Juni 5, 2020

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