Velo parkt mit Gleisanschluss

Post Basel 2.0

Das Streichen der Stellen auf der Post Basel 2 beim Bahnhof SBB Basel ist exemplarisch für die schweizweite Straffung der einst wegweisenden Paketpostlogistik. Wohin mit dem Post-Reiterbau? Was anfangen mit dem Posttunnel? Was passiert mit den Elektro-Töffs? Was wird aus den Pöstlern?

Heute schwärmen die Pöstler noch aus, bei der Post Basel 2. Was wird morgen sein? Foto VELOP.CH

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Die Post Basel 2 im Post Reiterbau im Ostflügel des Bahnhof SBB war mit seiner Erstellung 1980 (Suter + Suter) auf der Höhe der Zeit. 10 Jahre später fällt das Postmonopol für Pakete >2 kg. Briefe werden seit 2006 zentral in Härkingen SO oder ab 2008 Zürich-Mülligen sortiert.

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Mit Förderbändern vertikal verbundenen Geschossen. Auch ein Helikopter-Landeplatz auf dem Dach durfte nicht fehlen. Bilder und Grafik: PTT-Archiv Köniz
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So kommt, was kommen muss: 2018 wurde der Öffentlichkeit die Umnutzung des Post Riegelbaus vorgestellt unter dem Projekttitel Areal Nauentor. Die Post Basel 2.0 scheint damit vom Tisch, es droht die Post Basel 0. In den 80er Jahren modernste Technik heute Sperrgut. Ein Stück weit will es auch die Politik so.

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Mit Straffung des Postfilialnetzes und auch der Verlegung der Post-Verteilzentrale Bahnhof SBB auf das Dreispitz-Areal lohnt sich Spedition der kleinen Chargen (Bild links) kaum noch. Heute parkieren Spediteure vermehrt auf der Velospur (Bild rechts), damit einher gehen Abstrichen bei der Verkehrssicherheit. Fotos: VELOP.CH

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Die Post beendet auf 2020 die Zusammenarbeit mit der SBB bezüglich der Packetdiensleistungen. Nach den Umbauplänen ist aber immer auch vor dem Umbauplänen. So übertreffen der Päckliboom alle Erwartungen und die Post übernimmt die notime (Schweiz) AG, einen Technologieunternehmen, das sich auf die Spedition auf der letzten Meile spezialisiert hat. "Damit möchte die Post eine gegenwärtige Nische besetzen, die sich in absehbarer Zeit zu einem relevanten Markt entwickeln wird. Vor allem urbane Kunden wollen immer öfters noch am gleichen Tag die bestellte Ware erhalten. Im hart umkämpften Logistikbereich ist es deshalb für die Post entscheidend, sich früh in diesem Wachstumsmarkt zu positionieren und dabei eine führende Rolle zu übernehmen" teilt post.ch mit.

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Innovativer Fuhrparks für das  Geschäft auf der letzten Meile fest. Fotos: VELOP.CH (links), zvg notime

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Spedition im Umbruch

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Zalando, Amazon oder Alibaba sind inzwischen zu Pionieren der Lager- und Paketlogistik aufgestiegen. Aber auch sie werden von der Realität eingeholt: Mit der Verkehrsproblematik verteuert sich der Transport von Retouren, was beispielsweise Amazon dazu zwingt, massenhaft neuwertige Produkte zu vernichten (faz.net vom 8.6.2018).

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Von der Strasse auf die Schiene – wo?

Das Ende der Kooperation zwischen Post und SBB ist beschlossene Sache und formel auf Ende 2020 besiegelt. Was gestern noch vereint war, scheint sich heute zu konkurrenzieren. Seit die beiden mit der Spedition nicht mehr zusammenarbeiten, machen sich die halbstaatliche Post und SBB als grosse Player im Immobilienmarkt bemerkbar.

Post und Band sind gleichfalls vom Bund dazu verpflichtet, als nächsten Schritt ihre Pensionskassen zu sanieren. Während beim Personal abgebaut wird, wird am Gleisfeld scheinbar nach Gutdünken Immobilien in die Höhe gezogen. Auch das vom Kanton Basel-Stadt erstellte Hochhauskonzept scheint die Player nicht zu dämpfen, sondern geradezu anzutreiben, am Bahnhof Wohnungen und Büros zu erstellen.

Lokale Korrekturen und Interessen können wie zuvor schwer durchgesetzt werden, die neuen Immobiliengiganten lassen sich nicht bitten, eine gemeinsame Strategie für den Raum des Bahnhof SBB vorzulegen. Das schmerzt besonders bei unerfüllten Bedürfnissen, die Verbindung der Anrainerquartiere zu verbessern, die gefährlichen Fernbusse und LKWs in Quartierstrassen zu bändigen und zuletzt den seit jahrzenten bemängelhaften Ausbau der Veloinfrastruktur. Das Frustpotential vermögen auch die Sockelmieter Coop und Migros nicht zu schmälern. Im Gegenteil: Keinen Steinwurf voneinenander entfernt ans Gleisfeld gekrallt vermögen sie es nicht, sich auf eine gemeinsame Logistik festzulegen und auf den Bau eigener Rampen zu verzichten. Wer übernimmt für das gefährliche Kreuzen schwerer LKWs auf Quartierstrassen die Abnutzungskosten, für die Gefahren auf geschnittenen Velowegen und Trottoirs die Verantwortung? Wie steht es um die Verlagerung von der Strasse auf die Schiene? Wie soll es vorwärts gehen, wenn die Strassen schon voll sind, noch bevor der geplante Hochhauscluster rund um den Bahnhof SBB fertiggestellt ist? Ein entfesselter Immobilienmarkt lässt keinen Stein auf dem anderen. Darum ist es jetzt wichtig, genauer hinzusehen.

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Ein Blick auf die Bahnzukunft im Raum Basel

Der Bahnhof Basel SBB trumpft heute mit 2 Logistikzentren auf, deren Konzepte unterschiedlicher nicht sein könnten: Spedition 1980 (SBB, Post) mit Autobahn- und Gleisanschluss und Logistik 2022 (Spedition privat). Hauptkritikpunkt: Das neue Logistikzentrum Meret-Oppenheimstrasse erreichen LKWs von der Autobahn nur über Umwege. Weil im Meret-Oppenheim-Hochhaus wider Erwarten keine Verkaufsflächen vermietet sind, werden auf diesem Umweg praktisch 100% der Waren per elektrische Gabelstapler durch die ausgedienten PU im UG zum Zielort, den noch im Bau befindlichen Westflügel angeliefert. Die Besteller sind Gastrobetriebe, Migros, Schuhe, Zara sowie SBB Reisebüro etc.

Von einer innovativen Logistik und klugen Verkehrsführung, wie sie in den 80ern beim Bau der Post Basel 2 umgesetzt war ist man heute beim Meret-Oppenheim-Logistikzentrum leider weit entfernt. Damit verliert auch die neue Architektur etwas an ihrer Strahlkraft. Zu wenig Interesse an Belangen des Quartiers, keiner spricht von der Zunahme von LKW-Fahrten, den Umwegen die sie fahren und den Velowegen die sie kreuzen.

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Was, wenn man die Pöstler und die Bähnler weiter hätte arbeiten lassen? Auf Rochaden am Gleisfeld verzichtet worden wäre? Der Betonmischer wäre leer geblieben, die Post Basel 2 modernisiert worden, die Strassen dem Langsamverkehr angepasst, Lärm weniger und die Luft besser geworden. Der Velokurier hätte seinen Platz an der Meret-Oppenheim-Strasse wohl behalten können, statt auf den Wolf umzuziehen.

Wie der regionale Güterverkehr abgewickelt wird und wo von der Strasse auf die Bahn in Zukunft umgeladen werden kann, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Die Logistik des Güterbahnhof Wolf wird zu grossen Teilen nach Gateway Basel Nord verlegt. Der Plan ist so ambitioniert wie umstritten. Umweltorganisationen und Logistiker haben das Referendum zum Hafenbecken 3 ergriffen. Aus Sicht der Strassensicherheit ist zu bedenken: Einzelne überregionale Logistikzentren wie der Gateway Basel Nord zieht LKWs an und erzeugt mehr Verkehr als viele regionale Bedienpunkte.

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Cargo Sous Terrain und Next Generation Train

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Vom Wolf zum Westflügel könnte via Posttunnel auf der Schiene direkt statt auf Umwegen ins LZ MOS geliefert werden. Der Posttunnel zu erhalten und zu nutzen wäre die ideale Voraussetzung für die Zukunft, wie sie gegenwärtig mit Cargo Sous Terrain oder Next Generation Train Cargo skizziert wird. Dem Vernehmen setzt die Post aber mehr auf elektronischen Datenverkehr sowie auf Immobilien, der Logistikspezialist gibt sein Kerngeschäft auf. Die Zunahme des LKW-Verkehrs ist damit für die nächsten 20-30 Jahre vorprogrammiert.

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Geschrieben von VELOP.CH am Montag Mai 9, 2022

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