2015 entwickelt in Holland Folkert Piersma die Idee, seine als Projektleiter realisierten Veloabstellanlagen in einem Fotobuch festzuhalten, und auch Wout Ritzema denkt über das Einordnen seiner Arbeit als Bahnhofsentwickler und Berater für soziale Sicherheit nach. Gemeinsam legen sie nun ihr Buch 'Fiestsparken bij stations' (Veloparkieren an Bahnhöfen) vor.
Die Publikation kommt zur richtigen Zeit, denn die Kombination Bahn-Velo steht auch in der Schweiz vor einem Quantensprung, entweder in Richtung Bedeutungslosigkeit oder in Richtung Ausbau. Falls der Bund mit dem Gedanken spielen sollte, das Veloparkieren an Bahnhöfen zu fördern, dann könnte das Buch als wichtiger Ratgeber dienen. Weil das Buch bisher nur in holländischer Sprache vorliegt, sind hier auszugsweise Zitate ins Deutsche übersetzt.
"Die Kombination Velo-Bahn ist eine Schicksalsgemeinschaft. Beide Fortbewegungsmittel zeichenen sich durch ihre geringe Luftschadstoffbelastung und ihre Nachhaltigkeit aus. Die elektrischen Züge der niederländischen Eisenbahn werden zu 100% mit Windenergie betrieben, genauso wie die E-Bikes, falls nicht gänzlich durch Muskelkraft angetrieben. Radfahrer wie auch Bahnreisende gemein ist der Wunsch nach Komfort beim Umsteigen, geniessen es im Zug eine Zeitung zu lesen, sich auf die Arbeit vozubereiten oder ein Nickerchen zu machen", schreiben die Autoren.
Nach Angaben der Niederländischen Eisenbahnen kämen fast 50 % aller Zugreisenden (2019 waren es täglich etwa 1,5 Millionen Fahrten) mit dem Velo zum Bahnhof, in manchem Ort seien es sogar 70%. Etwa 16% dieser Reisenden benutzen das Velo, um vom Bahnhof zur Zieldestinatin zu gelangen. Vor zwanzig Jahren lagen diese Zahlen noch bei 30% bzw. 10%. Aufgrund der wachsenden Beliebtheit des Velos und der zunehmenden Berücksichtigung von Gesundheit und Nachhaltigkeit erwarten wir, dass diese Prozentsätze in der Kombination Velo-Zug weiter steigen werden.
Diese Kombination stellt laut Autoren eine ernstzunehmende Alternative zum Auto dar, vor allem bei Verbindungen von einer Stadt zur anderen, wie eine Studie der Universität Amsterdam zeigt: Die Reisezeit vom Zentrum Arnheims zum Rijksmuseum in Amsterdam (ca. 100 km) für die Kombination Velo-Zug dauern praktisch gleich lang wie die Fahrt mit dem Auto. Auch die beliebte Verbindung Utrecht-Amsterdam (ca. 40 km) sei mit dem Velo-Zug inzwischen genauso schnell erreichbar wie mit dem Auto, schreiben die Autoren.
Von der heutigen Qualität der Veloabstellplätze am Bahnhof durften die Velofahrer gestern nur träumen. Aber 1999 beschloss die Regierung, viel Geld und Aufmerksamkeit in die Verbesserung der Qualität der Abstellmöglichkeiten an Bahnhöfen zu investieren und legte ein nationales Anreizprogramm mit dem Namen "Ruimte voor de Fiets" (Raum für Velos) auf, den Vorläufer des heutigen Programms "Fietsparkeren bij Stations" (Veloparken an Bahnhöfen). Es brauchte reichlich Platz zum Abstellen von Velos an Bahnhöfen mit hösten Qualitätsstandards: große Flächen, leicht zu finden, mit gutem Zugang und einfach und kostengünstig zu benutzen. Amsterdam blickt auf eine nationale Kampagne, die sich sehen lassen darf.
"Der Nebeneffekt, gute Veloabstellmöglichkeiten an Bahnhöfen zu organisieren, hat in den letzten zwanzig Jahren zu einer enormen Verbesserung der räumlichen Qualität in den niederländischen Bahnhöfen geführt, die dadurch wesentlich angenehmer und attraktiver geworden sind. In vielen Fällen war es möglich, sowohl die Entwicklungsplanung als auch die Realisierung von Parkraum- und Umweltprojekten zu kombinieren (z.B. Projektentwicklung, Bahnhofs- oder Gleisausbau, Verbesserung des öffentlichen Raums, Optimierung der Verkehrsinfrastruktur), wodurch ein integrierteres und damit besseres Endergebnis erzielt wurde. In einigen Fällen war die Entwicklung einer Veloabstellanlage der Grund für die Umgestaltung eines Bahnhofsvorplatzes" schreiben die Autoren. Siehe angefügtes Beispiel: Fietsappel.
.Finanzierung von Velostationen und Abstellanlagen an Bahnhöfen
Der Bedarf an die Anzahl und die Qualität von Abstellanlagen an Bahnhöfen steigt. Für Gemeinden und Kantone gibt es grundsätzlich die Möglichkeit, hierfür an Bundesgelder zu gelangen, und auch die SBB kann mithelfen. Doch es gibt Hürden.
Bahnhöfe sind als Verkehrsknoten und vielerorts als kommerzielle Zentren wichtige Ziele für Velo fahrende. Die SBB schätzt, dass 10 Prozent ihrer Kundschaft mit dem Velo zur Bahn gelangen. Diese Zahl dürfte in den kommenden Jahren weiter wachsen und damit auch der Bedarf an Veloabstellanlagen, der gemäss SBBErhebung schon heute an zahlreichen Bahnhöfen nur noch knapp oder gar nicht mehr gedeckt ist.
Für die Städte stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten der Mitfinan zierung von Veloabstellanlagen durch den Kanton, den Bund oder die Transportunternehmen beste hen. In den Kantonen Bern, Frei burg, Solothurn, St. Gallen, Thur gau und Zürich regelt das Gesetz, dass Investitionsbeiträge an Veloabstellanlagen an öVH-altestestellen gewährt werden können. Die Beteiligung eines Kantons kann auch im Rahmen eines Agglomerationsverkehrsprogrammes erfolgen. Dabei hilft der Kanton, den vom Bund nicht übernommenen Anteil zu decken. Dieser kann sich nämlich mit bis zu 50 Prozent an Veloprojekten beteiligen, wobei die Subventionsquote der bis herigen Programme bei lediglich 35 bis 40 Prozent liegt. eSelbst wenn eine Anlage ausserhalb des Agglomerationsperimeters liegt, kann sie unterstützt werden, «wenn deren Nutzen grösstenteils inner halb der angrenzenden Stadt oder Agglomeration anfällt.» Nachteil der Agglomerationsverkehrsfinan zierung sind die langen Fristen und der grosse administrative Aufwand.
Eine zweite Geldquelle des Bundes bildet der Bahninfrastrukturfonds BIF. Diese sprudelt aber nur, wenn das Projekt nicht bereits via ein Agglomerationsprogramm unter stützt wurde. Die BIFGelder flies sen direkt zu den Transportunter nehmen, die in eigener Kompetenz festlegen, wie diese eingesetzt werden. Primär unterhalten und erneuern die Bahnen damit ihre Infrastruktur, können aber auch weitere Einrichtungen wie Velo Abstellanlagen mitfinanzieren.
Die SBB hat nebst dem BIF die Möglichkeit, Abstellanlagen aus ihrem eigenen Bike+RailPro gramm mitzufinanzieren. Dies selbst dann, wenn eine Anlage auch vom Agglomerationsver kehrsfonds unterstützt wird, da es sich nicht um Bundesgelder handelt. Aus der Sicht einer Gemeinde beziehungsweise eines Kantons lohnt es sich deshalb, beim Trans portunternehmen um einen Finan zierungsbeitrag zu ersuchen, unab hängig davon, ob das Projekt Teil eines Agglomerationsprogrammes ist oder nicht. Die SBB empfiehlt jedoch, immer zuerst den Weg über die Agglomerationsprogramme zu wählen. (cmm) Der Bedarf an die Anzahl und die Qualität von Abstellanlagen an Bahnhöfen steigt. Für Gemeinden und Kantone gibt es grundsätzlich die Möglichkeit, hierfür an Bundesgelder zu gelangen, und auch die SBB kann mithelfen.